Peter Gross zieht es stets in eine Richtung: Bergauf!
Für Bergsteiger Peter Gross gibt es seit Kindheitstagen nur einen Lieblingsplatz. Und dieser nennt sich schlicht und einfach: Draußen. „Man muss erst in die Welt hinausgehen um schätzen zu lernen, was die eigene Heimat für einen bedeutet.“ Peter Gross, in Puchberg am Fuße des Schneeberges aufgewachsen, war schon immer aus tiefster Seele ein Bergmensch. Seine Eltern betrieben die dortige Skischule, als Kind nutzte er jede freie Minute auf den Pisten und im Firn. „Wir waren den ganzen Tag draußen unterwegs, ob im Winter beim Skifahren oder im Sommer bei den Kletterkursen. Ich hatte schon immer einen starken Bezug zur Natur.“
„Wenn man sieht, mit wie wenig die Menschen in Indien und Nepal auskommen müssen, lernt man den Wohlstand zu Hause zu schätzen"
Andere Erwartungen an die Bergführer
Die Zeichen der Zeit merkt er heute als Bergführer und Kletterer: „Die Erwartungshaltung ist eine andere als vor 30 Jahren. Damals konnten wir mit den Kindern noch eine Tagestour von rund 1.000 Höhenmetern auf den Schneeberg unternehmen, organisierten anfangs Trittschulungen bevor es zum Fels ging und man gesichert eine Wand hinaufgeklettert ist.“ Der Berg an sich stand im Fokus, nicht das Klettern. Und damit verbunden ein besseres Verständnis für die alpinen Gefahren. Heute wünschen die Gäste eine kurze Einschulung und suchen dann sofort den direkten Kontakt mit dem Fels. Verständlich, wie Peter meint: „Durch die zahlreichen Kletterhallen sind andere Vorkenntnisse vorhanden. Die Ausrüstung hat sich maßgeblich geändert. Als Kinder kletterten wir damals mit Bergschuhen, Kletterschuhe gab es noch keine.“ Dementsprechend anders war die Herangehensweise: „Wenn du nach einem vorsichtigen Herantasten einen vierten Schwierigkeitsgrad klettern konntest, war das schon was Besonderes.“ Heute beschleunigen eine bessere Ausrüstung sowie bereits erlernte Vorkenntnisse das richtige Bewegen im Fels.
Dass die Berge seine Heimat sind, das war Peter schon immer klar. Nach der Matura und dem Wehrdienst zog es ihn in die weite Welt hinaus: Als Skilehrer jobbte er am Arlberg, als Bergsteiger war er in Russland, Indien, Chile und Nepal unterwegs. Eindrücke, die ihn maßgeblich prägten: „Wenn man sieht, mit wie wenig die Menschen in Indien und Nepal auskommen müssen, lernt man den Wohlstand, den man zu Hause hat, zu schätzen. Die dortige Berglandschaft ist ungemein schön, aber es ist auch ein beschwerlicher Weg bis zu den Basislagern.“ Die Alpen bieten da andere Möglichkeiten, wie er findet: „Wenn du in Nepal eine Schlechtwetterfront hast, bleibt dir nichts anderes übrig, als abzuwarten. Hier in den Alpen ist das leichter: Regnet es im Norden, fährt man einfach in den Süden. Man erspart sich außerdem Langstreckenflüge, Jetlags und ewige Autofahrten.“ Dennoch kehrte Peter von jeder einzelnen Tour gereift zurück. Bis das Schicksal alles änderte.
„Wir haben am Schneeberg sehr viele Möglichkeiten auf kleinem Raum, das macht den Reiz für mich aus“
Neue Wege
Als Peter 20 Jahre alt war, verunglückte sein Vater auf einer Skitour durch eine Lawine. Es war Ende März, die Saison am Auslaufen und für Peter stellte sich durch diesen Schicksalsschlag die alles entscheidende Frage: „Soll ich aus dem Bergsteigergeschäft aussteigen?“ Doch er blieb, übernahm die Skischule der Eltern und verknüpfte das Angebot mit seinen Programmen als staatlich geprüfter Berg- und Skiführer. Als Haupteinzugsgebiet der Touristen nennt er Sommer wie Winter Wien: „Aber auch Ungarn, Slowakei und Tschechien. Unser großes Zugpferd ist die Zahnradbahn hinauf auf den Schneeberg. Der Tourismus ist ein großer Arbeitgeber. Wir arbeiten viel mit Tagesgästen, verzeichnen aber durchaus auch Nächtigungen.“
Die Lage als Pluspunkt
Der Schneeberg, mit 2.076 Metern der höchste Berg Niederösterreichs, bietet meist gute Verhältnisse: „Wir können fast das ganze Jahr hier Wandern, Laufen und Radfahren, aber auch zum Klettern ist die Region ideal. Die Kollegen in Tirol, die in einem Hochtal sind, haben hingegen nur ein paar Monate, wo die Bedingungen top sind. Im Winter kann man bei uns die trockenen, südseitigen Felsen zum Klettern nutzen, im Sommer begibt man sich einfach in etwas höhere Gefilde. Wir haben sehr viele Möglichkeiten auf kleinem Raum, das macht den Reiz für mich aus.“ Natürlich haben ihn aber auch Abenteuer, wie die Besteigung des Ama Dablam, einen 6.814 Meter hohen Berg im Himalaya, geprägt. „Die Höhe hat mir schon etwas zu schaffen gemacht.“ Gemeinsam mit seiner Mutter stand er am Gipfel des Elbrus auf 5.642 Metern Seehöhe, ein ergreifendes Gefühl für ihn. „Die Sehnsucht nach solchen Fernreisen wird sicher wiederkehren, momentan stimmt für mich jedoch die Mischung.“
Dass geführte Touren dabei wieder im Kommen sind, merkt Peter an den vermehrten Anfragen. „Die Berge sind wieder „in“, das Wandern ist wieder „in“, die Menschen werden deutlich gesundheitsbewusster. Es gibt die einen, die ihr Ding alleine durchziehen wollen und die anderen, die auf den Service eines Bergführers nicht verzichten möchten. Welcher die Tourenplanung und Routenwahl bestimmt, einen ans Seil nimmt oder einfach begleitet.“ Für letztere Gruppe hat er das mehrtägige Package „Schneeberg mit den Besten“ entwickelt. „Dabei führen wir die Menschen mittels ortsansässigem Bergführer frühmorgens zum Sonnenaufgang auf den Schneeberg, vermitteln Geschichten über hier lebende Menschen, die Region, die Wege, die Tier- und Pflanzenwelt, erkunden alte Jagdsteige, die vielleicht nicht so bekannt sind und verbringen eine schöne Zeit am Berg. Der zweite Tag besteht dann aus einer Klettereinheit.“
Der Alpinismus im Wandel
So sehr der Alpinismus eine Herzensangelegenheit von Peter ist, so wachsend ist auch seine Sorge: „Ein Berg muss immer noch ein Berg bleiben dürfen. Die vorhandenen, gut markierten Wanderwege gibt es aus gutem Grund, man muss nicht in Eigenregie neue Wege kennzeichnen. Aus Kletterrouten können Klettersteige gemacht werden damit jeder raufkommt, aber das wäre meiner Meinung nach sehr kurzsichtig und würde die wunderbare Naturlandschaft völlig zerstören.“
Dass die Arbeit in den Bergen immer auch mit einem gewissen Risiko verbunden ist, ist nicht neu: „Bei allem, was man tut, herrscht eine gewisse Gefahr. Wenn ich über die Straße gehe, ist das grundsätzlich auch gefährlich. Aber wenn man ständig draußen unterwegs ist, kriegt man ein gutes Gespür, erkennt Veränderungen am Berg und Fels sofort und weiß, wie man Situationen einzuschätzen hat. Die Berge sind der Platz wo ich am liebsten bin und ich denke, das war bei meinem Vater genauso. Vielleicht denken viele, dass man nicht mehr in die Berge gehen sollte, wenn es einen tragischen Unfall gab. Klar habe ich überlegt, ob ich einen anderen Weg einschlagen soll, aber ich bin nun mal gerne am Berg. Das ist mein Leben.“ Dabei kommt es für ihn auf die richtige Mischung an: Gruppenführungen, Privatgäste und Kletterzeit mit Freunden. Gerade beim Klettern muss man zu 100 Prozent fokussiert sein: „Wenn du da nicht im Moment bist, wann dann? Da ist die Buchhaltung in der Firma egal, da geht es rein um die nächsten paar Meter.“
Ausgleich findet Peter beim Trailrunning.
Ultra Trails sind seine besondere Leidenschaft: „Das ist eine reine Kopfgeschichte. Schwierig werden solche Distanzen dann, wenn du bei Kilometer Eins von 100 bereits das Ziel vor Augen hast. Man muss in Etappen denken. Schritt für Schritt.“ So wie wohl überall im Leben.
Peter Gross leitet die Ski- und Bergsteigerschule Schneeberg: man kann ihn im Sommer für Privatführungen buchen. Wer einmal einen Sonnenaufgang am Schneeberg erleben möchte, bucht am Besten das Package „Schneeberg mit den Besten". Informationen zum Schneeberg, zu Wanderrouten und zu Unterkünften erhalten Sie bei Wiener Alpen in Niederösterreich.