Früh am Morgen macht sich Peter Pichler jun. auf den Weg in sein Gart’l. Denn um diese Zeit gibt die Natur eine erste Vorstellung ihrer Pracht. Da kann man die Stille des erwachenden Tages hören. Kann sehen, wie sich der glänzende Morgentau unter dem Einfall der ersten Sonnenstrahlen langsam zurückzieht. Vor allem aber kann man es riechen: Den Duft der Kräuter, die hier am Molzbachhof die eigentlichen Tonangeber sind. Denn sein Gart’l ist es, welches jeden Tag aufs Neue die Menükarte für sein Gourmetrestaurant „Gaumenkitzel“ schreibt. „Wenn mir morgens als erstes der Duft der Zitronenmelisse in die Nase steigt, dann gibt es abends ein Sorbet derselben. Sind hingegen die Radieschen reif, wird es Zeit für den eingelegten Gartenrettich.“ Natürlich stammen nicht alle Produkte vom Molzbachhof selbst, aber garantiert aus der Region. Was für Peter selbstverständlich ist. Und viele Gäste immerzu überrascht, wie er mit gemischten Gefühlen erzählt: „Schon mein Vater und dessen Vater lebten sehr naturbewusst. Heute muss man explizit erklären, dass Butter, Topfen und Lammfleisch direkt aus der Region stammen. Es war für uns immer normal, dass die Milch in der großen Kanne direkt vom Nachbarn geholt wird und nicht abgefüllt im Tretapack den Weg zu uns findet.“
„Bei uns wissen die Gäste, woher das Fleisch stammt und dass die Tiere gut behandelt wurden“
„Wenn mir morgens als erstes der Duft der Zitronenmelisse in die Nase steigt, dann gibt es abends ein Sorbet derselben. Sind hingegen die Radieschen reif, wird es Zeit für den eingelegten Gartenrettich“
Hier am Molzbachhof dreht sich viel ums Suchen und Finden...
...wobei letzteres überwiegt. Wenn man nach dem Besonderen strebt. Was 1969 als Pension mit sechs Zimmern eröffnet wurde, ist heute, 50 Jahre später, ein beliebtes Wellnesshotel mit dem Feingefühl für regionale Kulinarik geworden. In dritter Generation führen Peter und seine Lebensgefährtin Nina den Betrieb nunmehr. Beide sind um die Welt gereist, haben internationale Erfahrungen gesammelt, um diese hier in den Wiener Alpen kreativ reifen zu lassen. Mit Herz. Mit Liebe. Und mit viel Verständnis für die Natur.
Wo das Gart‘l die Menükarte schreibt
So entstand nach einiger Tüftelei Peters eigens kreierte Küchenlinie „Cook the Gart’l“. Das Credo klar und deutlich: Gekocht wird, was die Natur frisch liefert. Aus dem eigenen Gart’l und denen der umliegenden Bauern. Frische Zutaten und regionale Produkte haben oberste Priorität. Moderne und Tradition finden sich auf der Speisekarte wieder, eingeflogene Waren wird man vergebens suchen. Und genau deswegen kommen die Gäste hierher: „Bei uns wissen die Gäste, woher das Fleisch stammt und dass die Tiere gut behandelt wurden.“ Aus der Region, für die Region – das macht laut Peter den wesentlichen Unterschied aus: „Es funktioniert nur deshalb, weil wir die Produkte von den örtlichen Landwirten beziehen. Sind die Abnehmer erst weg, beginnt das ganze Konstrukt zu bröckeln.“ Aber daran denkt hier ohnehin niemand. Viel mehr versucht man, den eingeschlagenen Weg weiter zu forcieren, innovativ und nachhaltig auszubauen. So wurde aus „Cook the Gart’l“ bereits „Feel the Gart’l“: Im hoteleigenen Wellnessbereich werden Bäder und Behandlungen mit hausgemachten Kräuterölen angeboten. Dem Hotelbetrieb selbst verpasste man vor zwei Jahren eine neue Facette, indem man ein Naturholz-Hotel errichtete. Vollends verzichtete man auf Leim und chemische Inhaltsstoffe, verwendete ausschließlich Naturmaterialien. Die Ölheizung tauschte man durch eine Energiezentrale aus, in der aus heimischen Hackschnitzel Ökostrom und Wärme erzeugt wird. Eigentlich fehlt nur mehr die Bio-Zertifizierung. Aber auch deren Abwesenheit hat ihren triftigen Grund.
Regional ja, Bio nicht unbedingt
„Die Umstellung auf Bio würde viele Auflagen mit sich bringen, worin sich für mich zu wenig Vorteile ergeben. Ich bekomme von einigen Frauen aus dem Ort frischen Schnittlauch geliefert, der garantiert ohne chemische Behandlung gewachsen ist und noch am selben Tag bei uns in der Küche verarbeitet wird. Wäre ich ein Biohotel, wäre diese Kooperation nicht mehr möglich und ich müsste, wenn in Österreich das Angebot nicht mehr vorhanden ist, Bioschnittlauch aus Rumänien zukaufen. Da stellt sich mir schon die Sinnfrage.“ Ähnlich verhält es sich mit den Fischen. Laut Bio müssen diese aus einem Wildfang stammen. „Das Angebot haben wir bei uns aber nicht. Dafür gibt es hingegen einen örtlichen Fischer, der zwei große Teiche bewirtschaftet, indem die Tiere sicher genügend Platz haben und gut gefüttert werden und die Ware erreicht mich fangfrisch.“ Gute Gründe, die dafür sprechen, das nun mal nicht jede Auszeichnung, jedes Gütesiegel immer und für jeden Sinn machen muss.
Am Molzbachhof entsteht die Küchenlinie eben während dem Kochen selbst. Und die Freude am Tun ist ohnehin vorhanden. „Für mich ist es der schönste Beruf, in keinem anderen Bereich stehen die Türen so weit offen, wie in der Gastronomie. Diese Tatsache und das Glück, das Erträumte inmitten dieser schönen, intakten Kulturlandschaft mit meiner Familie umsetzen zu dürfen, ist für mich unbezahlbar.“
Peter Pichler wurde im Jahr 1987 geboren. Schon als Kind merkte man die Leidenschaft im elterlichen Betrieb zu helfen. Er absolvierte die Tourismusschule am Semmering. Nach vielen Lehrjahren in renommierten Häusern (wie Döllerer, Taubenkobel, Vila Joja oder Gidleigh Park), ging es 2013 nach Hause, wo Peter bald darauf die Küche leitete, seit 2015 hat er den Betrieb von seinem Vater übernommen.