Der Himmel ist sein Revier, der Wind sein Spielgefährte
Der Seeadler beeindruckt die Menschen seit jeher auf vielerlei Art. Sein majestätisches Antlitz, seine Größe, sein überlegender Instinkt, seine gestochen-scharfen Augen. Nicht umsonst ziert dieser Greifvogel das Wappen der Republik Österreich. Schon Kronprinz Rudolf ließ einst im 19. Jahrhundert die Erhabenheit dieses Geschöpfes nicht mehr los. Bitter für den König der Lüfte, wurde er aus diesem Grund durch zahlreiche Abschüsse nahezu ausgerottet. Lange Zeit verschwand der Seeadler aus Österreich, viele Jahre zogen ins Land, ohne das er am Horizont seine Kreise zog. 1999 war es dann soweit, das erste Adlerpaar brütete wieder in der alten Heimat. Seitdem wuchs der Bestand auf 30 Paare heran. Sechs von ihnen sind im Nationalpark Donau-Auen zuhause. Hier inmitten dieser Flussauenlandschaft auf einer Fläche von 9.600 Hektar zwischen den europäischen Hauptstädten Wien und Bratislava können sich Fauna und Flora frei entfalten. Wer den Seeadler in seinem natürlichen Lebensraum beobachten möchte, sollte sich an die Fersen von Nationalpark-Ranger Norbert Teufelbauer heften, denn er weiß, auf welchen alten Bäumen die Vögel zu beobachten sind.
„Seeadler schwingen sich erst dann aus ihrem Hort, wenn die Thermik ideal ist. Das ist meist erst am späteren Vormittag der Fall, somit ist kein frühes Aufstehen notwendig“
„Natürlich sieht man die Adler in einer Universum-Dokumentation oder in einem Zoo aus nächster Nähe. Aber dieses eine Gefühl, wenn man einen Wildvogel wie diesen live am Himmel durch ein Fernglas beobachtet und zusieht, wie er seine Kreise zieht, das ist und bleibt unersetzbar“
Größter Jäger Österreichs
Norbert hatte schon immer einen starken Bezug zur Natur, sein Vater lehrte Biologie, gemeinsame Erkundungstouren standen am Tagesprogramm. Bald war klar, Norbert wollte in die Fußstapfen des Vaters treten und wandte seine Aufmerksamkeit voll und ganz dem Studium der Zoologie und Ökologie an der Universität Wien zu. Während der Ausbildung entdeckte er das Birdwatching für sich. Eine Leidenschaft, die ihn bis heute nicht mehr loslässt. Als zertifizierter Nationalpark-Ranger im Nationalpark Donau-Auen leitet er nun vogelkundliche Führungen und zeigt seinen Gästen neben den über 100 heimischen Brutvogelarten auch die größten Jäger unter ihnen: Die Seeadler. Gerade die Winterzeit ist für Beobachtungen ideal, da neben den Paaren, die ohnehin über den Sommer hier brüten, auch viele weitere gefiederte Gäste das Nationalparkgebiet als Überwinterungsquartier und zur Jagd auf Fische und Wasservögel nutzen. Während einer dreistündigen Wanderung erhält man einen umfassenden Einblick in das Leben dieses Greifvogels, in das natürliche Gleichgewicht des Nationalparks und man kommt sich dabei auch selbst wieder etwas näher. „Die Ruhe, die Natur, das Beobachten – all das trägt dazu bei, dass sich die Menschen selbst wieder mehr spüren.“
Der frühe Vogel…
…fängt bekanntlich den Wurm. Was für andere Vogelarten gelten mag, passt nicht in den Tagesablauf des Seeadlers. „Dieser schwingt sich erst dann aus seinem Horst, wenn die Thermik ideal ist. Das ist meist erst am späteren Vormittag der Fall, somit ist kein frühes Aufstehen notwendig“, berichtet Norbert. Außer man will Augenzeuge des wohl schönsten Sonnenaufgangs des Landes werden, wenn sich über den Weiten des Marchfeldes die orange-rote Kugel ebenso majestätisch über das Land erhebt, wie es der Adler ihresgleichen tut, wenn er sich in den Himmel empor stößt. Ein gewaltiger Anblick, erreicht die Flügelspannweite eines erwachsenen Tieres doch bis zu 2,5 Meter. Dass auch ein Adler auf seiner Jagd nicht immer erfolgreich ist, sich quält und tagelang Hunger leiden kann, dass sehen die Menschen nicht. Aber dafür ist Norbert da: Um zu erklären, zu sensibilisieren und um aufzuzeigen, dass auch in einem Schutzgebiet nicht alles ganz einfach ist. „Ein großes Problem ist leider die illegale Verfolgung der Tiere. Jährlich werden Greifvögel vergiftet oder abgeschossen.“
Doch allen Schwierigkeiten zum Trotz überwiegt bei Norbert die Freude und Bewunderung dieser Luftakrobaten. „Natürlich sieht man die Adler in einer Universum-Dokumentation oder in einem Zoo aus nächster Nähe. Aber dieses eine Gefühl, wenn man einen Wildvogel wie diesen live am Himmel durch ein Fernglas beobachtet und zusieht, wie er seine Kreise zieht, das ist und bleibt unersetzbar.“
Katja aus Wien schätzt den kurzen Weg aus der Stadt in den Nationalpark und nimmt immer wieder gerne an Führungen in den Donau-Auen teil.
Norbert Teufelbauer ist zertifizierter Ranger im Nationalpark Donau-Auen und leitet unterschiedliche vogelkundliche Führungen.