Alex ist kein Naturmensch der ersten Stunde.
In Berlin geboren, war Alexander Arpaci eher ein Kind der Ebene, statt der Berge. „Inmitten der Großstadt aufgewachsen, Ecke Kreuzberg, hatte ich dort eine tolle Kindheit mit vielen Abenteuern.“ Die Natur jedoch, die vermisste Alexander nicht, schlichtweg wohl deshalb, weil er sie nicht wirklich kannte. Lediglich einmal im Jahr kehrte er der Großstadt den Rücken und flog mit seiner Familie in das Land, in dem ein Teil seiner Wurzeln liegt, in die Türkei. Doch wer die Natur nicht aktiv sucht, den findet sie von ganz allein. In seinen goldenen Jahren, den Zwanzigern, brachte ein Freund Alexander auf die Idee, mit dem Surfen zu beginnen. Gemeinsam trampten sie durch Mittelamerika, stets auf der Suche nach der perfekten Welle. Die wild-romantischen Strände von Costa Rica und Nicaragua erweckten letztlich die Natursehnsucht in Alexander: „Da war es um mich geschehen! Ich bin von dieser Reise nie mehr wirklich zurückgekommen, sondern war jahrelang nur dabei, das Geld für den nächsten Wintertrip zu verdienen.“
„England oder Neuseeland standen zur Debatte. Und Wien. Letzteres auch deshalb, weil meine Frau dort ein Studium beginnen wollte.“
Wald und Welle
Was folgte, waren ausgedehnte Reisen um die ganze Welt: „Überall, wo man surfen konnte, war ich anzutreffen.“ Eine Zeit, die Alexander sehr genossen hat, die aber auch ein Ablaufdatum hatte. Zehn Jahre später, in den Dreißigern angekommen, stellte er sich die Frage, wie man dieses liebgewonnene Hobby nun mit einer vernünftigen Arbeit verknüpfen kann. Die Wahl fiel schließlich auf das Forstwirtschaftsstudium „International Forest Ecosystem Management“. Das Studium trug alsbald Früchte, ein Jahr in Nordspanien gemeinsam mit seiner Frau folgte. „Ich konnte dort gute Arbeit leisten, schrieb meine Masterarbeit zum Thema Waldbrände im Zuge des Klimawandels und war in meiner Freizeit als Wellenreiter unterwegs.“
„Wien als lebenswerteste Stadt der Welt ist der Schmelztiegel, aber die Natur findet man in Niederösterreich. Für mich funktioniert nur das Eine mit dem Anderen.“
Auf nach Wien!
Wieder nach Deutschland zurückgekehrt, überlegte man sich das nächste Ziel. „England oder Neuseeland standen zur Debatte. Und Wien. Letzteres auch deshalb, weil meine Frau dort ein Studium beginnen wollte.“ Und so erschien das erste Mal der Wienerwald auf der Landkarte von Alexander. Man könnte wohl im Nachhinein sagen, es war Liebe auf den ersten Blick. „Wien als lebenswerteste Stadt der Welt ist der Schmelztiegel, aber die Natur findet man in Niederösterreich. Für mich funktioniert nur das Eine mit dem Anderen.“ Auf der Suche nach dem Flow außerhalb des Stadtlebens entdeckte Alexander das Mountainbiken für sich. Und fand im Wienerwald ein wahres Paradies. Nur mit einer Sache war der Biker nicht glücklich: „Viele waren auf illegalen Strecken unterwegs, keiner redete mit dem anderen, das Bike-Konzept war veraltet und in meiner Rolle als Forstwissenschafter hörte ich unzählige, negative Wortmeldungen zum Thema Mountainbiker.“
Die Wienerwald Trails und Europas erstes urbanes Trailcenter
Für Alexander war klar: Lösungen mussten auf den Tisch, ein Kick-Off war nötig. Gemeinsam begann man Konzepte zu entwickeln und das Ergebnis dieser Reise –vier Jahre später – kann sich sehen lassen: Europas erstes urbanes Trailcenter mit dem Namen „Hohe Wand Wiese“ und mehr als 12 Kilometern gebauten, legalen Trails sowie Shared Trails verteilt auf über 20 Kilometer. Das Angebot hält für jeden den passenden Trail bereit: Sanfte Wellen für Einsteiger, Tables, Doubles, Gaps für diejenigen, die Spaß haben wollen und eine Enduro-Line für diejenigen, die es wirklich wissen wollen. Niemand ist dabei sich selbst überlassen: Die Wienerwald Trailschool bietet ein umfangreiches Kurs- und Trainingsangebot für Kinder, Jugendliche und Erwachsene an. Das Trailcenter ist zudem an weitere Mountainbike-Angebote, die neben der Region Wienerwald in ganz Niederösterreich über ein hervorragendes Streckennetz mit unterschiedlichen Routen für verschiedene Schwierigkeitsgrade verfügen, angebunden. Um die Trails im Wienerwald selbst kümmert sich, was Planung und Streckenmanagement betrifft, der eigens gegründete Verein Wienerwald Trails, den Alexander mitbegründet hat.
Gemeinsam durch den Wienerwald
Dass man natürlich auf alle anderen Waldbesucher achtet, die Auflagen des Biosphärenparks Wienerwald achtet und respektiert, das versteht sich für Alexander von selbst: „Wenn ich nur die Mountainbiker glücklich mache, aber die Wanderer nicht, dann wird das auf Dauer nicht funktionieren. Gerade in einer dicht gedrängten Landschaft, wo man nicht zig neue Trails in den Wald bauen kann, sondern wo das Miteinander zählt, muss man sich auch zusammen an einen Tisch setzen können, um zu reden. Dadurch, dass der Wienerwald ein Biosphärenpark ist, gibt es ohnehin einen klaren Auftrag.“ Das erarbeitete Konzept geht jedenfalls auf, denn selbst an Wochentagen, wenn die Ferienzeit längst passé ist, füllt sich täglich der Parkplatz vor dem Trailpark. „Alle Sportarten, die im Freien stattfinden, wo man sich bewegt und sich selbst wieder spürt, liegen aktuell hoch im Trend. Da muss man nur durch die eigenen Instagram-Feeds durchscrollen, um zu sehen, welche Sehnsuchtsgefühle einen treiben. Um diese Gefühle zu finden, sind viele Leute bereit, viel dafür zu tun. Mountainbiken ist darauf eine sehr spannende Antwort, weil die Sportart an sich über die Jahre und deren technische Weiterentwicklung viel zugänglicher geworden ist. Früher ist man davon ausgegangen, dass sich einzelne Männer mit dem Bike rein für den Ausdauersport bergauf schinden wollten. Dieses Image hat sich komplett gedreht. Heute geht es um das Erlebnis, den Spaß, die Natur und den Flow, dies zu leben. Und die Technik ist mit der Zeit mitgegangen. Eine große Chance sehe ich hier auch im E-Bike.“
Energiegeladen den Berg hinauf
Diejenigen, denen das Mountainbiken zu anstrengend war, fangen mit dem E-Bike an und haben einen Riesenspaß dabei. Obwohl das E-Bike für Alexander viel mehr ist, als ein reines Sportgerät: „Viele fahren damit täglich in die Arbeit. Gerade für eine Stadt wie Wien ist das ein toller Mobilitätsfaktor. Du kannst im Umkreis von 15 bis 20 Kilometer alles entspannt erreichen und tust der eigenen Gesundheit sowie der Umwelt einen Gefallen. Gerade im Mobilitätsbereich ist das für mich die Antwort. Viele starten mit dem E-Bike und steigen dann, was nun die Trails betrifft, auf das normale, leichtere Mountainbike um. Damit wird die Sportart viel zugänglicher. Für den Tourismus ist das eine Riesenchance.“ Und auch die Geschwindigkeit ist hier nicht unwesentlich, denn mit dem E-Bike sind nach der Arbeit Runden mit 1.500 Höhenmeter durchwegs realistisch. Gerade der Wienerwald ist für Alexander diesbezüglich in einer hervorragenden Lage: „Die Verzahnung, das Angebot, es ist so nah. Wenn du im 14., 15. oder 16. Bezirk wohnst, kannst du in maximal einer halben Stunde aus der Stadt raus und auf einem Trail sein und dir das absolute Naturgefühl verpassen.“
Der Verein Wienerwald Trails ist eine Gemeinschaft von Bikern, die sich um ein modernes, attraktives Mountainbike-Angebot im Wienerwald engagiert. Acht sogenannte „Shared Trails“, stehen für Wanderer und Mountainbiker in unterschiedlichen Längen und Schwierigkeitsgraden zur Verfügung. Das Herzstück des Vereins bilden zum einen der Trailpark Weidlingbach und zum anderen das „Trailcenter Hohe Wand Wiese“.