Das Stadttheater Berndorf hätte eigentlich im Herbst 1898 eröffnet werden sollen. Das im Auftrag des Industriellen Arthur Krupp von den Architekten Hermann Helmer und Ferdinand Fellner anlässlich des 50jährigen Regierungsjubiläums Kaiser Franz Josephs I. errichtete Haus blieb allerdings, obwohl schon die Eröffnungsfeierlichkeiten geplant waren, für ein ganzes weiteres Jahr geschlossen. Grund war die Ermordung von Kaiserin Elisabeth. Erst nach Einhaltung eines Trauerjahres hob sich dann nach einer stattlichen Verspätung von einem Jahr am 27. September 1899 erstmals der Bühnenvorhang vor dem Premierenpublikum. Arthur Krupp stiftete das Theater übrigens seinen über 3000 Arbeitern, eröffnet wurde es sinnigerweise mit dem Lustspiel „Der kleine Mann“ von C. Karlweis. Die Tradition des Lustspieles hat man in Berndorf über die Jahre beibehalten: Kristina Sprenger bringt 2022 als Intendantin der Festspiele Berndorf den Klassiker „Ein seltsames Paar“ von Neil Simon auf die Bühne.
„Theater spielt man nicht allein, und das kann man auch nicht am Schreibtisch lernen. Da steckt viel Praxis dahinter, das muss man einfach tun.“
Film und Theater: „Grundverschiedene Welten“
„Auf der Bühne zu stehen ist etwas ganz anderes als vor der Kamera. Beide Welten sind großartig, aber grundverschieden. Beim Dreh musst du auf den Punkt genau etwas abrufen können, im Theater gilt es, den ganzen Bogen zu spielen, nicht nur kleine Essenzen daraus. Ich bin sehr dankbar, dass ich in meiner Laufbahn immer beides machen durfte.“ Schon mit zwölf Jahren wurde die Powerfrau von der Leidenschaft für das Theater erfasst, 1996 begann sie dann ihre Ausbildung am Konservatorium Wien als Schülerin der Josefstadt-Doyenne Elfriede Ott – und schloss diese auch mit Auszeichnung ab. Was dann folgte, waren zahlreiche Engagements im Film- und Fernsehbereich. Am bekanntesten von allen dürfte wohl ihre Rolle als Ermittlerin Karin Kofler in der Krimiserie „SOKO Kitzbühel“ sein, die sie von 2001 bis 2013 verkörperte. 2003 erhielt sie für ihre Leistungen den begehrten Film- und Fernsehpreis Romy.
Das Geheimnis des Erfolgs?
Eine fundierte Schauspiel-Ausbildung ist für Kristina Sprenger das Um und Auf, um auf Dauer auch erfolgreich und gut im Beruf zu sein: „Natürlich gibt es Begabung. Aber man muss sich das wie einen Rohdiamanten vorstellen, dem der Feinschliff noch fehlt. Theater spielt man nicht allein, das kann man nicht am Schreibtisch ausüben. Das muss man einerseits lernen, und dann natürlich einfach machen.“ Vorbildern eiferte Sprenger keinen nach, es war vielmehr immer schon der Drang in ihr, auf einer Bühne zu stehen. „Theater, Film und Fernsehen haben mich immer schon fasziniert. Und die Arbeit in dem Metier ließ mich zu dem Menschen reifen, der ich heute bin.“
Viele Bühnen machen einen Sommer
Kristina Sprenger ist nicht nur Schauspielerin, sondern auch Intendantin der Festspiele Berndorf, die heuer als Sommerproduktion den Komödienklassiker „Ein seltsames Paar“ von Neil Simon zeigen. Unter der Regie von Susi Weber spielen neben vielen anderen die Publikumslieblinge Gregor Seberg und Alexander Jagsch an insgesamt 21 Abenden. Kristina Sprenger hat seit Herbst 2021 übrigens noch eine weitere wichtige Aufgabe: Sie wurde zur Obfrau des Theaterfest Niederösterreich bestellt. Den beliebten Veranstaltungsreigen bezeichnet Sprenger selbst als „30jährige Erfolgsgeschichte.“ Und die Theaterfest Niederösterreich-Bühnen spielen auch im wahrsten Sinn des Wortes alle Stücke: vom Schauspiel, etwa beim Theatersommer Haag hin zu Musical in der Felsenbühne Staatz, von großer Oper in Klosterneuburg oder Operette in der Sommerarena der Bühne Baden ist für jeden Geschmack und jedes Alter etwas dabei.
Kultur ist auch Veranstaltungskultur
Die Theaterfest-Bühnen sind aber viel mehr als nur eine Werbegemeinschaft: Der Verein wurde ins Leben gerufen, um Synergien unter den einzelnen Festivals zu erzeugen. Seit 1994 zählt man an den 19 Spielorten immerhin unglaubliche 5,3 Millionen Besucher:innen. Diesen Erfolg weiterzuführen und auch weiterzuentwickeln, ist Sprengers erklärtes Ziel: „Werner Auer hat den Verein in einzigartiger Form geleitet und vieles auf den Weg gebracht. Das gilt es fortzuführen. Wir wollen auch künftig Kräfte bündeln, große Festivals sollen etwa kleinere Festivals unterstützen. Da geht es um viele kleine organisatorische Dinge und Abläufe, wo wir voneinander lernen und profitieren. Wir Intendant:innen stehen im ständigen Austausch untereinander.“ Aber auch Themen wie Diversität, Fair Pay oder Nachhaltigkeit bei den Events stehen auf der To-do-Liste des Vereins: „Wir haben etwa nur 2 Intendantinnen an 19 Veranstaltungsorten, und kaum Regisseurinnen. Fair Pay ist ebenfalls ein wichtiges Thema, das wir auf der Agenda haben. Da liegt noch ein schönes Stück Arbeit vor uns, um für mehr Diversität und Gerechtigkeit zu sorgen. Auch das Thema Green Events, also die Veranstaltungen so nachhaltig wie möglich zu organisieren, liegt uns beim Theaterfest Niederösterreich sehr am Herzen. Wir bieten regionale Speisen und Getränke an, um die ortsansässige Wirtschaft zu unterstützen. Es soll so wenig Müll wie möglich anfallen. Wir versuchen etwa auch, unsere Besucher:innen dazu zu bewegen, öffentlich anzureisen, falls das möglich ist. Viele dieser Bausteine zusammengenommen sorgen dafür, dass nicht nur die Vorführungen ein Kulturgenuss sind, sondern auch alles rundherum.“
„Es ist mir ein Anliegen, Kinder und Jugendliche zu animieren, den Weg in das Theater zu finden.“
Ein Herz für die Jugend
Am Stadttheater Berndorf stehen alljährlich auch Produktionen für das Nachwuchspublikum auf dem Programm. Unter anderem heuer im Frühling die „Zauberflöte“ für Kinder. In einer neuen, zeitgemäßen Version zeigte Opernstar Daniela Fally Mozarts Meisterwerk mit Orchester, Chor, professionellen Sänger:innen und Zukunftsstimmen – und in enger Zusammenarbeit mit der Musikschule Triestingtal! „Es ist uns ein Anliegen, auch die Kinder und die Jugend zu animieren, den Weg ins Theater zu finden.“ Ergänzend zum Kinderprogramm und dem Festival-Stück „Ein seltsames Paar“ gelangt im Herbst mit „Die Tanzstunde“ auch ein sehr forderndes Stück zur Aufführung. Es geht um einen jungen autistischen Tänzer, der von seiner Nachbarin Senga, die nach einem Unfall gehbehindert ist, im Tanzen unterrichtet wird. Zwei fragile Personen in einer Ausnahmesituation: Das preisgekrönte Stück von Mark St. Germain ist für Sprenger und David Oberkogler, der dafür gemeinsam mit ihr auf der Bühne steht, eine Herausforderung. „Das Stück regt wirklich sehr zum Nachdenken an. Das Leben ist für viele inmitten unserer Gesellschaft kein Zuckerschlecken.“ Deshalb engagiert sich Kristina Sprenger auch stark im Sozialbereich – vor allem für die jüngere Generation. Als Kinderpatin ist sie für die gemeinnützige Organisation „Licht für die Welt“ aktiv, die Menschen mit Beeinträchtigungen in den ärmsten Regionen der Welt unterstützt. „Ich sehe es als meine Aufgabe, dass ich als Schauspielerin mein Gesicht und meine Stimme jenen „leihe“, die diese Möglichkeit der öffentlichen Aufmerksamkeit nicht haben, für die eine breite Wahrnehmung in unserer Gesellschaft jedoch lebenswichtig ist.“
Die gebürtige Innsbruckerin Kristina Sprenger lebt mit ihrer Familie in Sooß im Wienerwald. Seit 2014 ist sie Intendantin der Festspiele Berndorf und spielt dort heuer im Sommer im Komödienklassiker "Ein seltsames Paar" von Neil Simon an der Seite von Gregor Seberg und Alexander Jagsch. Kristina Sprenger fungiert seit 2021 außerdem als Obfrau des Vereins Theaterfest Niederösterreich, wo heuer von Oper, Schauspiel, Musical bis hin zu Operette und Komödie insgesamt 22 Premieren auf dem Programm stehen.