Was tun, wenn einem der tägliche Kaffee einfach nicht munden möchte? Wenn man Sorte für Sorte erprobt und doch nie den ersehnten Cremagenuss am Gaumen verspürt? Bernd Salats pragmatische Antwort darauf? Selber machen, besser machen. Oder besser gesagt, selber rösten. Der Jungunternehmer aus dem Waldviertel war schon immer ein Freigeist. Besuchte als Jugendlicher die HTL für Hochbau in Krems an der Donau und schmiss nach dreieinhalb Jahren hin. Warum? Weil das Gefühl nicht stimmte. Oder ihm vielmehr zuflüsterte: Du bist am falschen Ort, mach was anderes. Also begab er sich auf Sinnsuche. Schulterte seine Gitarre, zog als Straßenmusiker durch die Fußgängerzonen, sang philosophisches, hintergründiges von den ganz Großen wie Leonard Cohen, Bob Dylan und Van Morrison. Und verdiente sich nebenbei ein Körberl voll Geld, welches die monatliche Handyrechnung bezahlte. „Ich war 17, hatte so gut wie keine Fixkosten zu tragen und das große Glück eine Mutter an meiner Seite zu haben, die stets zu sagen pflegte: „Wenn du auf dein Bauchgefühl hörst, hast du schon mal alles richtig gemacht.“
„Wer versteht, wieviel Arbeit hinter einer Kaffeeplantage steckt, wird keine einzige zu Boden gefallen Bohne einfach zusammenkehren und wegwerfen.“
„Ich war 17 und hatte das große Glück eine Mutter an meiner Seite zu haben, die stets zu sagen pflegte: „Wenn du auf dein Bauchgefühl hörst, hast du schon mal alles richtig gemacht.“
Wenn der Brotbackautomat Kaffee röstet
Der Weg führte über die Musik und einige Abstecher in die Gastronomie zu einem Hobby-Tonstudio. Als er mit 22 Jahren das Elternhaus erbt, zieht auch eine neu gekaufte Kaffeemaschine mit ein, welche immer noch mit Bohnen befüllt wurde, deren Geschmack den jungen Musiker nicht vollends überzeugen konnte, begann 2013 ein neuer Lebensabschnitt. Kurzerhand wurde ein alter Brotbackautomat zur Kaffeeröstmaschine umfunktioniert und mit frischen brasilianischen Bohnen beladen. Das Ergebnis: Mehr verbrannt als goldbraun geröstet. Die Kenntnisse definitiv ausbaufähig. Das Tüfteln begann. Und die Fragen führten Salat zur Kremser Traditionsrösterei Beyer. „Dem Emmerich Beyer und seiner Frau Gerhild verdanke ich alles.“ Sie ließen ihn als „Gaströster“ eigene Aromen kreieren und standen mit Rat und Tat zur Seite. Wegen steigender Nachfrage hatte der eigene Brotbackautomat bald ausgedient, ein technisch ausgefeilter Röster wurde angeschafft. Rückblickend muss Bernd schmunzeln: „Ich dachte nie, dass ich selbstständig werden kann. Es stand nie der finanzielle Gedanke im Vordergrund, sondern es verhielt sich wie mit der Musik. Man macht etwas, weil es einem Spaß bereitet und dann gibt es Leute, die das toll finden.“
Auf den Schulabbruch folgte also die Musik und letztlich eine eigene Rösterei in der Garage. Nichts davon war geplant: „Es ist mir zugefallen“, sagt Bernd. „Solche Möglichkeiten, Chancen und Situationen passieren ja nicht wenigen Auserwählten, sondern gibt es für Jedermann, Jederfrau. Die geöffneten Augen dafür, die braucht es. Wenn der Blick geschärft und die Augen offen sind, um diese Dinge zu sehen, dann können solch großartigen Geschichten entstehen.“
Schonende Röstung
Seine allerersten, ungerösteten Bohnen hat Bernd am Meer gekauft. Fazit: Mangelhafte Ware. Mentor Emmerich Beyer lieferte ihm erste qualitätsvolle Adressen, heute arbeitet er mit einer deutschen Einkaufsgemeinschaft zusammen sowie mit prämierten Kaffeebauern wie Eduardo Hernandez aus El Salvador. „Wer versteht, wieviel Arbeit hinter einer Kaffeeplantage steckt, wird keine einzige zu Boden gefallen Bohne einfach zusammenkehren und wegwerfen“, ist Bernd überzeugt. „Die Kaffeekirsche ähnelt unseren heimischen Kirschen, nur hat diese in der Mitte zwei Steine, die Bohnen. Bis ein Sack mit 69 Kilo Bohnen gefüllt ist, bedarf es unzähliger Stunden an Handarbeit.“ Durch ein langes, schonendes Röstverfahren mit einer Röstdauer von zirka 15 Minuten wird diese wertvolle Ware zu bekömmlichem „Salatkaffee“ verarbeitet. „Industriekaffee wird wesentlich schneller verarbeitet, die Folge sind Sodbrennen und Unverträglichkeit.“
Besonderheit: Waldviertler Lupinenkaffee
Eine Spezialität hat sich Bernd Salats bester Freund und Demeterbauer Thomas Surböck einfallen lassen. „Eines Tages stand er bei mir in der Rösterei und meinte: Pass auf, ich habe Lupinen mit, wir müssen etwas probieren.“ Aus dem Versuch, diese zu rösten, entstand ein besonders nachhaltiger Kaffeeersatz aus Süßlupinen, welche im biologischen, regionalen Anbau hergestellt werden und dem Röstkaffee überraschend ähnlich schmecken. „Thomas baut die Lupinen 300 Meter von der Rösterei entfernt an, diese haben somit keine langen Transportwege hinter sich. Zudem sind die Blüten ein Paradies für Insekten, die Pflanze an sich dient zur Bodenverbesserung, indem sie den Boden mit Stickstoff versorgt. Superregional sozusagen.“
Ob er seinen Weg anderen empfehlen würde? „Nicht jedem, weil ich nicht glaube, dass das jeder will. Es hätte alles schief gehen können. Ich möchte auch nicht sagen, dass ich angekommen bin, aber ich habe für mich verstanden, dass ich zurzeit am richtigen Ort bin. Und wenn die nächste Etappe ins Haus steht, dann steht sie ins Haus.“ Kaffee für die nötige Energie fehlt jedenfalls nicht in Sankt Bernhard im Haus mit der Nummer 105.
Salatkaffee wird bei niedriger Temperatur, langsam und schonend, in Sankt Bernhard im Waldviertel wöchentlich frisch von Bernd persönlich geröstet. Dadurch werden Aromen gefestigt und die Chlorogensäure, welche Auslöser für Sodbrennen ist, abgebaut. Neben dem klassischen Röstverfahren aus handverlesenen Kaffeebohnen wird zudem Lupinenkaffee als Kaffeeersatz geröstet. Die Süßlupinen hierfür stammen aus biologischem Anbau und wachsen – superregional! – 300 Meter von Bernds Kaffeerösterei entfernt.