Sein eigener Chef sein, dafür braucht es Ehrgeiz, Disziplin und in Florian Stockingers Fall eine ordentliche Portion Schneid, und das im doppelten Sinne. Er gründete im Jahr 2015 als jüngster Schmiedemeister Österreichs sein Unternehmen „Lilienstahl“ und erzeugt seither edle Messer aus Stahl. Ein Nischenprodukt, wie er selbst sagt, jedoch eines mit Potenzial: „Wir haben in Österreich keine Messerkultur wie beispielsweise in Deutschland oder Japan. Ich füge in meiner Schmiedewerkstatt daher das Beste aus diesen beiden Welten zusammen.“
„Schon mit drei Jahren half ich meinem Bruder mittels Zahnbürste beim Putzen von verschiedenen Motoren. Mit elf kam ich das erste Mal mit dem Schmiedehandwerk in Berührung. Seitdem hat es mich nicht mehr losgelassen.“
„Als ich im Zuge eines Praktikums in einem Labor in den Freistunden und nach der Arbeit meinen Kollegen Messerproben herzeigte, wurde mir schön langsam klar, wo meine eigentliche Leidenschaft liegt.“
Feinster Damaststahl
Zum Herstellen seiner Präzisionsmesser sind voller Körpereinsatz und Disziplin erforderlich: „Ein falscher Schliff und das Material ist unbrauchbar.“ Bis zum fertigen Produkt braucht es unzählige Arbeitsschritte. „Der Stahl wird direkt vom Werk geliefert, im Blechformat und nach der Güte, die ich im Vorfeld ausgesucht habe. Dieses wird zugeschnitten und in Boxen gepackt. Im Anschluss wird der Damast aus den verschiedenen Stählen zusammengesetzt, unter Hammer, Druck und Hitze zu neuem Material verschweißt. Durch die Fusion wachsen die unterschiedlichen Stähle dann ineinander. Davon werden wiederum einzelne Barren abgetrennt und in weiteren Arbeitsschritten zum Klingenrohling verarbeitet, der dann erneut gepresst wird und in die Schleiferei zur Fertigstellung kommt. Parallel dazu mache ich in der Holzwerkstatt den passende Griff dazu.“
Jahrelange Leidenschaft
Der Anspruch an die Messer hat sich über die Jahrzehnte hinweg immens geändert. „Früher brauchte es Messer mit dicken Klingen, mit denen man ganze Tiere zerlegen konnte, heute ist vielmehr das Präzisionswerkzeug gefragt. Ich kombiniere bei meiner Arbeit die Traditionen aus Europa und Japan und versuche, aus beiden das Beste rauszuholen.“ Die Japaner waren Vorreiter, was Klingenform und Schnittfähigkeit betrifft, in Europa beschäftigte man sich stark mit der Kunst der Integralschmiede, bei der das gesamte Werkzeug aus einem Stück Metall geschmiedet wird. Für den jungen Schmiedemeister war schon als Kind klar, welchen Beruf er einst erlernen wollte. Etwas anderes machen, das wollte er nie. „Ich stamme aus einer reinen Technikerfamilie, schon mit drei Jahren half ich meinem Bruder mittels Zahnbürste beim Putzen von verschiedenen Motoren. Mit elf kam ich das erste Mal mit dem Schmiedehandwerk in Berührung, seitdem hat es mich nicht mehr losgelassen.“ Nach ersten Versuchen und Learning by Doing verkaufte Florian mit 15 Jahren sein erstes Messer. Weitere Aufträge folgten, und so schloss er nach der Matura neben dem Zivildienst die Meisterprüfung ab. Seine Werkstatt liegt mitten im Weinviertel, wo Florian Ruhe und Platz vorfindet, um seinem Handwerk nachzugehen. Nach über einem halben Jahr der Suche fand er das passende Betriebsgelände in Ernstbrunn. „Hier konnte ich – anders als in Wien mit seinen immens hohen Immobilienpreisen – starten, ohne mich Hals über Kopf zu verschulden. Außerdem ist die Arbeit in der Schmiede laut, sie erfordert einen größeren Radius an Raum, und ich brauche Ruhe, um mich auf das Handwerk zu konzentrieren. All das habe ich hier gefunden. Und – ich habe meine Lieferanten allesamt in der Nähe. Ich kaufe nur sehr wenig aus Drittländern zu, weil ich der festen Überzeugung bin, dass man die Alltagsproduktion und Wertschöpfung im Land, in der eigenen Region lassen sollte.“
Klingen für Generationen
Seine Einstellung und Überzeugung haben aus dem Unternehmen das gemacht, was es heute ist: aufstrebend, erfolgreich und bei den besten Köchen des Landes bekannt. Gedanken zum Thema Aufhören, die gab es freilich auch: „Wenn du einmal nicht mehr weißt, wie du deine Rechnungen bezahlen sollst, beginnen die Zweifel natürlich an einem zu nagen. Aber solchen Hürden muss man sich stellen. Letztlich bin ich stolz, diese Herausforderungen auch gemeinsam mit meiner Bank und meinen Lieferanten gemeistert zu haben. Das gibt Aufwind.“ Und wenn er noch immer manchmal gefragt wird, ob er denn von seiner Arbeit überhaupt leben kann? „Ich denke heute, dass das auch viel Einstellungssache ist. Und das Feedback der Kunden zeigt mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin.“ Ein Angestelltenverhältnis konnte er sich ohnehin nie vorstellen. „Als ich im Zuge eines Praktikums in einem Labor in den Freistunden und nach der Arbeit meinen Kollegen Messerproben herzeigte, wurde mir schön langsam klar, wo meine eigentliche Leidenschaft liegt.“
Seine Messer sind preislich im höheren Segment angesiedelt, ein Umstand, der sowohl der Firmenphilosophie als auch der exzellenten Qualität geschuldet ist: „Man kann Stahl nicht ewig recyceln, dadurch wird das Produkt immer schlechter. Ich fertige ausnahmslos Klingen an, die von Generation zu Generation haltbar, und vor allem universell einsetzbar sind. Das ist der Anspruch meiner Kunden – und auch mein Anspruch an mich.“
Florian Stockinger gründete 2015 als jüngster Schmiedemeister Österreichs sein Unternehmen „Lilienstahl“. In Ernstbrunn im Weinviertel entstehen edle und praktische Messer für die Jagd, die Fischerei und die Küche. Man kann mit Voranmeldung persönlich bei ihm im Schauraum vorbeikommen oder die Produkte im Online-Shop erwerben. Die handgearbeiteten Unikate aus Damaszenerstahl sind individuell gestaltbar und über Generationen hinweg haltbar.